„Satt, sauber, trocken“: Die Folgen des Pflegekräftemangels
Der Mangel an Pflegekräften ist ein ernstes und wachsendes Problem, das die gesamte Gesundheitsversorgung in Deutschland belastet. Mit einer immer älter werdenden Bevölkerung nimmt der Bedarf an Pflege zu, während die Anzahl der verfügbaren Pflegekräfte sinkt. Im vergangenen Jahr lag der Anstieg der Pflegebedürftigen bei 361 000, während vier von fünf Pflegeheimen ihre Angebote aufgrund von Personalmangel einschränken mussten. Das bedeutet, dass 72% der Einrichtungen nicht mehr ihre volle Leistung erbringen konnten. Dieser Mangel führte dazu, dass mehr als 4.000 Heimplätze wegfielen. Trotz der gestiegenen Nachfrage sind die Gehälter eher niedrig: Eine Pflegekraft verdient im Durchschnitt nur 3.500 Euro brutto im Monat.
Mit Ünal Öcalan-Kraus, Einrichtungsleiter von PflegeWohnen Ostholstein, habe ich über die aktuelle Situation im Pflegebereich gesprochen.
Wie groß ist das Problem des Pflegekräftemangels?
Riesig. Früher hatten wir immer genug Bewerbungen, doch jetzt haben auch wir Probleme, Stellen zu besetzen. Man braucht Monate bis hin zu einem Jahr, um Stellen wieder neu zu besetzen.
Warum gelten Berufe in der Pflege als unattraktiv?
Das liegt zum hohen Anteil daran, dass die Pflegeeinrichtungen privatisiert wurden. Somit wurden sie zu etwas, womit man Geld verdienen möchte. Dies führt zu einer extremen Unzufriedenheit.
Wie könnte man sie attraktiver machen?
Soziale Berufe haben niemals in private Hand gehört. Das hätte der Staat nie zulassen dürfen. Es darf diese Gewinnbereiche in privater Hand nicht geben, damit die Mitarbeiter nicht ausgeblutet werden.
Welche Belastungen gibt es im Berufsalltag?
Man muss viel anpacken, wenn es wenige Mitarbeiter oder zu wenig Zeit für den Hebelift (ein Gerät, das Pflegekräften ermöglicht Patienten sicher und ohne Anstrengungen aus dem Bett zu heben) gibt. Somit sind Rückenschäden vorprogrammiert. Außerdem sind alle Mitbewohner individuell. Man muss eine professionelle Distanz behalten. Doch irgendwann ist man der Belastung nicht mehr gewachsen. In vielen privaten Einrichtungen werden die Leute regelrecht verheizt. Viele Leute sagen, dass sie gar nicht mehr an Veränderung glauben. Wir erreichen sie aber auch nicht mehr.
Das Problem ist bekannt. Warum stehen Lösungen bislang noch aus?
Die Lösungen stehen gar nicht aus, es wird einfach nichts gemacht. Wenn ein Pfleger täglich 15 Leute verpflegen muss, kann er nicht auf Qualität achten und dafür sorgen, dass die Leute richtig gefördert werden. Da ist man froh, dass die Leute satt, sauber und trocken sind.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung im Pflegebereich?
Schwierig. Es gehen jetzt schon Pflegeheime zu Grunde, da sie bei Fachkräftemangel nicht alle Heimplätze besetzen dürfen und somit ziemlich schnell ins Minus kommen.
Quellen: https://careloop.io/pflegenotstand
https://www.deutschlandfunk.de/pflege-fachkraeftemangel-zukunftsaussichten-100.html
Interview: 22.10.2024
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